26. Aug. – 10. Sept. 2022 (PDF-Version)
Der erste Törn nach der Sommerpause war ein weiterer Meilenstein in der Überführung nach Kos. Lilo und Kurt begleiteten uns auf der Strecke durch die ionischen Inseln, den Korinth Kanal – ein sehr spezielles Ereignis – und dem kurzen Teil bis nach Athen. Damit hatten wir die Ägais wieder erreicht!
Als wir Korfu ende Juli verlassen hatten, waren wir ehrlich gesagt froh, heimfliegen zu können. Es war so unerträglich heiss, dass wir die Aufräumarbeiten entweder auf frühmorgens um Sieben oder auf abends um Acht verlegen mussten. Normalerweise geniessen wir die Hitze, aber vierzig Grad im Schatten war uns definitiv zuviel. Zusätzlich war es windstill und wir versprachen uns ein bisschen Abkühlung, indem wir zwei Meilen rausfuhren und vor der Marina ankerten. Doch auch das Wasser, das gute 26 Grad mass, brachte nicht viel. Zudem mussten wir noch zwei Tage im Hafen bleiben, da Gregory vom Yachtservice unsere neue Diesel-Doppelfilteranlage installieren musste. Der Test verlief positiv, ab jetzt konnte uns verdreckter oder verwässerter Diesel nicht mehr viel anhaben. Von der nervenaufreibenden Schikane zur Erlangung des Transitlogs (Segelbewilligung für Non-EU Yachten) und der Bezahlung der sogenannten Etepai (Luxussteuer) mittels einem unmöglich komplizierten Loginverfahren, rede ich lieber nicht!
Am Samstag 27. August kamen unsere Freunde Lilo und Kurt an Bord, die nach vier Jahren Segelabstinenz ganz kribbelig waren, die neue Sarabella endlich kennen zu lernen. Sie waren das letzte Mal an Bord der „alten“ Sarbella gewesen, als wir von Rhodos nach Göcek gesegelt waren – ein typischer Leichtwindtörn. Sie bestaunten die grosszügigen Kabinen und die Pantry (Küche), die längsseitig angeordnet, viel mehr Platz bot. Geschätzt wurde auch der bequeme Salon, der beinahe jeden Abend für unser Rommikup Spiel genutzt wurde. Ansonsten fand das Leben natürlich im Cockpit statt. Froh waren Lilo und Kurt für das Bimini, da die Sonne auch ende August immer noch unbarmherzig mit über dreissig Grad herunter brannte. Sensationell fanden sie die absenkbaren Cockpittische, wo man eine richtige Lounge einrichten konnte, die oft auch von Crews zum Schlafen genutzt wird.
Einfach so abzulegen, war hier nicht unser Style, vor allem wenn man Gäste an Bord hat, die neben dem Segeln auch noch das „Après-Segeln“ geniessen wollen. Da konnten wir mit „Harry’s Taverna“ genau das bieten, was uns dem Anlass zu entsprechen schien. „Yamas!“ und wir stiessen an auf einen schönen Törn.
Am Sonntag ging es dann aber los. Immerhin mussten wir in diesen zwei Törnwochen ungefähr 320 Meilen bis nach Athen (rund 600 km) zurück legen. Das ist für eine Segelyacht, die durchschnittlich sechs Knoten pro Stunde (ca. 11 km/h) zurück legt, kein Klacks. Die Törntage waren zwar gut geplant – dreissig bis vierzig Meilen pro Tag – doch spielt der Wind im Ionischen Meer nicht immer mit, was bedeutete, dass man mehr als gedacht, den Diesel zu Hilfe nehmen muss um das Tagesziel zu erreichen. Schon am ersten Tag, vorbei an Korfu Stadt und auf dem Weg nach Sivota (Festland) konnte die Sarabella ihre seglerischen Qualitäten (noch) nicht ausspielen. Unter Motor erreichten wir nach 30 Meilen den Hafen, der aber so voll war, dass wir davor den Anker setzten. Die Nacht war windlos und ohne Dünung, das ist der Vorteil des Ionischen Meers. Das hatten wir anfangs Saison entlang der spanischen Küste und auf den Balearen ganz anders erlebt!
Nach diesem Abstecher ans Festland segelten wir zurück auf die erste Insel nach Korfu. Paxos ist bekannt für seine ausgezeichneten Restaurants und windgeschützten Hafenplätze. Dementsprechend schwierig war es, hier einen gescheiten Platz zu finden. Doch wir wussten von anderen Jahren, dass man gegenüber dem Hafen bei der sogenannten „Ratteninsel“, ruhig und mit Landleinen gesichert, vor Anker gehen kann. Diesmal sollten uns die genialen Rattenscheiben von Switec vor diesen Nagern schützen. Am Abend gingen wir mit unserem Dinghi an Land und hatten das Glück, in einer ausgezeichneten Taverne am Ende des Hafens zu landen, wo gleichzeitig noch für eine Hochzeitsfeier griechische Musik gespielt wurde.
Die weitere Fahrt Richtung Süden brachte uns zur Insel Lefkas. Sie ist bei den Seglern wegen ihrer unmöglichen Einfahrt in den Kanal nicht sehr beliebt. Obwohl das Fahrwasser betont ist und die Tiefen ausreichend sein sollten, sind hier schon einige Yachten aufgelaufen; so geschah es vor ein paar Jahren auch uns – zum Glück ohne Schaden zu nehmen. Griechische Angaben sind eben immer mit Vorsicht zu geniessen, da nützt auch kein Klagen bei der Hafenbehörde; im Gegenteil, sie können dann sogar eine Inspektion verlangen, womit man die Yacht auswassern muss. Auch das musste ich lernen. Dieses Jahr war alles harmlos und das Fahrwasser auf fünf Meter ausgebaggert. Glück hatten wir mit unserem Timing: Kaum hatten wir in der Marina angelegt, donnerte ein Gewitter mit Böen um 35 Knoten und Sturzbächen über das Städtchen hinweg.
Selbstverständlich gingen wir essen ins Städtchen, denn hier hatte Regi schon vor Jahren in einem Restaurant ihre Lieblingsteller erhalten, nachdem sie den Besitzer bezirzt hatte. Nun waren wir gespannt, ob er sich noch an uns erinnern würde und vielleicht mit Nachschub aushelfen könnte. Und tatsächlich: Er erkannte uns wieder, begrüsste uns wie alte Freunde und schenkte Regi sogar nochmals vier Teller! In solchen Dingen sind die Griechen einfach Weltmeister!
Eigentlich wollten wir am Mittwoch schon eine Insel weiter segeln: Kefallonia mit dem reizenden Hafenort Fiskardo stand auf dem Programm. Doch wieso hetzen oder motoren, wenn es doch noch attraktive Ankerplätze auf Lefkas gibt. Wir hatten sowieso den Eindruck, dass diese Insel die Costa Smeralda der Griechen ist. Überall wurde an den Küsten Villen mit Garten und Swimmingpool oder kleinere Ferien-Appartements gebaut, die reizvoll angelegt einen wunderbaren Ausblick auf die Nachbarinseln boten.
So auch in Syvota, dieser kleinen Bucht am Südende von Levkas, wo man mittendrin wie in einem Ententeich ankern kann und abends und morgens ungestört ab unserer Plattform baden kann.
Kefallonia war unser nächstes Ziel. Diese Insel hat schon manchmal eine besondere Geschichte erlebt. Da war zum Einen der Zweite Weltkrieg, als die Insel von den Italienern besetzt worden war. Sie arrangierten sich mit den Eindringlingen, da ihnen alles lieber war, als die verhassten Deutschen. Über diese Zeit gibt es den wunderschönen (tragischen) Liebesfilm: „Corelli’s Mandoline“ mit Penelope Cruz und Nicolas Cage.
Und dann erlebte die Insel 1952 das schlimmste Erdbeben mit einer Magnitude von 7.5, das alle Häuser der Insel zerstörte, ausser diejenigen von Fiskardo, was offenbar einen magischen Effekt auf diesen malerischen Hafen hat. Der Wirt der Taverne Mistrali, wo wir gleich vor seinem Restaurant anlegten, meinte deshalb, dass Corona gar nichts gewesen sei und die Touristen wohl auch noch kämen, wenn eine Atombombe niedergehen würde.
Nach diesem reizvollen Besuch stand uns wieder der Sinn nach einem Ankerplatz. Solche gibt es entlang der Insel zuhauf, nur spielte das Wetter nicht mit. Ein Versuch in der Mitte der zwanzig Meilen langen Insel scheiterte an den Fallböen und den umliegenden Yachten, die entweder zu nahe kamen oder slippende Anker hatten. (Es ist nach wie vor verbreiteter Unsinn, dass eine Kettenlänge von dreimal der Wassertiefe genug Halt bieten würde!) Gerade noch im richtigen Moment vor dem nahenden Gewitter lichteten wir den Anker und schon sausten die ersten Böen von den hohen Bergen herunter. Glück gehabt!
So blieb uns nicht anderes übrig, als in Poros anzulegen, was weiter auch nicht schlimm war, da wir bequem längsseits gehen konnten. Erst im Nachhinein erfuhren wir durch den Hafenmeister, das fünf Meter neben uns ein Betonklotz auf 1.80 Meter Wassertiefe zur Befestigung des Schwimmstegs herausragte. Er entschuldigte sich wortreich für diese Bausünde und versprach eine Warnboje zu setzen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn wir mit dem Kiel oder Ruder daran angeschlagen hätten. Nochmals Glück gehabt!
Am Samstag ging es dann endgültig zum griechischen Festland hinüber. Das 35 Seemeilen entfernte Mesolongi war unser nächster Stop. Diese kleine, nette Marina liegt hinter einem zwei Meilen langen Kanal, der von Fischerhäusen und kleinen Holzstegen gesäumt ist und einen amerikanischen Eindruck wie Floridas Key Largo machten.
Der Manager selber empfing uns am Steg und wies uns einen der wenigen freien Gästeplätze zu. Es ist immer wieder interessant, wenn man dann mit den Dauerliegern oder sogar Liveaboards ins Gespräch kommt, die man gut an ihren unaufgeräumten, segellosen Yachten erkennt und meistens noch ein paar Tiere an Bord hatten. Am nächsten Tag war die Morgenstimmung fast schon magisch.
Am Sonntag passierten wir die drei Kilometer lange Rion Brücke, wo man sich per Funk für die Durchfahrt anmelden muss, da sie nur in der Mitte eine Durchfahrtshöhe von 25 Metern hat. Sie ist ein technisches Wunderwerk mit ihren Drahtseilen und optisch ein beliebtes Fotosujet. Die kleine Insel Trizonia mit ihrer verlotterten Marina – eine weitere EU-Leiche – ist ein Secret Place, der mit ausgezeichneten Tavernas und einer idyllischen Landschaft hervorsticht.
Am nächsten Tag stimmte unser Riecher wieder mal: Kurz vor Einsetzen des Starkwindes konnten wir den Hafen von Trizonia verlassen. Der NW-Wind kam genau aus der Zielrichtung und nicht zu wenig: 25 Knoten und viel Welle. Wir mussten zuerst unter Motor gegen den Wind fahren, dementsprechend knallte die Sarabella einige Male hart in die Wellen. Und ausgerechnet jetzt entdeckte Regi, dass es in der Bilge unter unserer Dusche Wasser hatte. Sie leerte trotz Seegang ca. 40-50 Liter raus! (Erst am Abend können wir feststellen, dass wahrscheinlich ein undichter Duscheablauf schuld ist.) Nach einer Stunde unter Motor konnten wir unter Fock hart am Wind gegen Galaxidi segeln – es soll der schönste Hafen im Golf von Korinth sein. Da dieser Hafen gegen nördliche Winde ungeschützt ist und wir ankern müssten, entscheiden wir uns für das nahe Itea, wo wir sicher nach einem nicht ganz lupenreinen Anlegemanöver bei 20 Knoten längsseits gehen konnten. Itea Marina ist zwar sicher, aber langweilig: Eine Marina, die ebenfalls einmal mit EU-Geld gebaut worden war und verlotterte: Doch dieses Jahr hatte es wider Erwarten Strom und Wasser! (>Bild). Der Liegeplatzpreis war unschlagbar: 21 Euro für zwei Nächte!
Am Mittwoch war ein Highlight dieses Törns angesagt: Die Durchquerung des Korinth Kanals. Lange war es unsicher, ob wir die Passage überhaupt machen können, da er mehr als ein Jahr wegen Felsabstürzen der siebzig (!) Meter hohen Sandsteinwänden geschlossen war. Wäre er wieder geschlossen worden, hätten wir ein 350 Meilen langen Umweg rund um den Peloponnes segeln müssen.
Diese Passage mussten wir uns wirklich verdienen. Es herrschte böiger Meltemi Wind um dreissig Knoten und wir waren zu einer halbstündigen Warterei vor dem ungeschützten Westeingang gezwungen. Und dann hiess es endlich am Funk: „Sarabella, follow the convoy“. Nach fünf Meilen hatten wir damit die Ägäis, unser Heimatrevier der letzten fünf Jahre, wieder erreicht – ein Meilenstein!
Nach dem Kanal – der übrigens nach einer Preissteigerung unverschämte 425 Euro gekostet hatte, übernachteten wir in der windgeschützten weitläufigen Bucht von Korfos auf der Seite des Peloponnes, bevor wir als letzten Halt im beliebten Poros anlegten, wo wir nur dank unseren Beiziehung zu Michael, dem Besitzer der bekannten Taverna Oasis überhaupt einen Anlegeplatz – leider in zweiter Reihe – fanden.
Der letzte Schlag von 25 Meilen nach Athen in die Zea Marina war dank Flaute nur noch die Zugabe. Wir hatten zwei wunderschöne, sehr abwechslungsreiche Segelwochen mit Lilo und Kurt geschafft. Nächste Woche steht der letzte Törn nach Kos durch die Kykladen mit der Familie Steiner auf dem Programm.
Törnstrecke: Korfu-Sivota-Paxos-Lefkas-Kefallonia-Mesolongi-Trizonia-Itea-Korinth Kanal-Korfos-Poros-Athen. Total 350 sm