Der zweite Sardinientörn 2024

15. – 29. Juni 2024

Der zweite Törn der Saison war geprägt von wechselnden Segelbedingungen! An einem Tag herrschten beste Windverhältnisse und tags darauf musste man mit Schwimmweste und Lifebelt im Cockpit steuern. Andrea und Patrizia nahmen dies in der ersten Woche als Nichtsegler mit Staunen hin, während Klaus und Felix in der Folgewoche ihre Segel- und Steuerkenntnisse voll ausleben konnten. Es reichte sogar für einige schöne Ankernächte und auch kulinarisch kamen wir mit sardischen Menüs oder der Bordküche auf die Rechnung.


Neustart

Nach einer problemlosen Anreise machten wir die Sarabella bereit. Es ging relativ schnell, da die Segel schon angeschlagen, die Sprayhood und das Bimini ebenfalls bereit waren. Nur die Toilette in unserer Eignerkabine war verstopft, aber mit dem scharfen WC-Reiniger und einer Flutung des Fäkalientanks funktionierte es am nächsten Tag. Das Boot musste gründlich gewaschen werden, es war voll Saharastaub. Patrizia und Andrea werden diese Woche unsere Crew sein. Andrea war zusammen mit uns mit dem Mietauto von Olbia nach Alghero angereist und Patrizia kam mit ihren Freundinnen aus Cagliari her.

Marina Sant Elmo – dieses Mal in Flaute
Alghero glänzt mit einer gut erhaltenen Altstadt.

Start nach Ansage

Am Sonntag um 11.30 Uhr legten wir bei wenig Wind in Alghero ab und motorten die ersten acht Meilen bis zum Capo Caccia. Als wir die Segel setzen wollten, drehte der Wind auf Nordwest, so dass wir kreuzen mussten. Dafür nahm er auf drei Beaufort zu und nach einem Holeschlag von fünf Meilen konnten wir fast parallel zur Küste 30 Meilen bis zur Fornelli-Passage segeln. Um 18.30 Uhr gingen wir vor Stintino vor Anker und durften das erste Bad geniessen. (Wassertemperatur 21.5 Grad). Von den angeagten Quallen war dank ablandiger Strömung Gott sei Dank nichts zu sehen. Danach gab es den verdienten Sundowner auf dem Vordeck. Der Sonnenuntergang war fürs Bilderbuch!

Der Sundowner auf dem Vordeck.
Der Sonnenuntergang vor Stintino – fürs Bilderbuch!

Castelsardo und wieder mal Hafentag

Wie auf Schienen glitten wir nach der windlosen Ankernacht mit Amwindkurs bei acht bis zehn Knoten Wahrem Wind dahin und waren dank einem Winddreher schon um 14 Uhr im Hafen von Castelsardo. Das reparierte Bugstrahlruder funktionierte perfekt beim Anlegen in der Marina.
Die Aussichten für morgen, um die 30 Meilen bis Santa Teresa Gallura zu schaffen, verhiessen nichts Gutes: Die Strasse von Bonifacio zeigte mit 30 Knoten wieder mal ihre Zähne. (s. Grafik) Wir beschlossen deshalb morgen einen Hafentag einzuschieben.

Zuerst Flaute dann Kaiserwetter

Nach dem gestrigen Hafentag, den wir wegen dem Starkwind mit Lesen und Baden am hübschen Stadtstrand von Castelsardo verbracht hatten, waren wir heute gespannt, wieviel Wind uns noch übrig blieb. Anfangs sah es nach ganztägiger Flaute aus, aber nach 18 Meilen setzte der übliche Nordostwind der Strasse von Bonifacio ein und er liess sich nicht lumpen: 18-22 Knoten aber genau aus der Zielrichtung von Teresa Gallura. Das bedeutete hart am Wind segeln, was grossen Spass machte; Kaiserwetter nennt man das. Einmal mehr wunderten wir uns über die Nachbaryachten, die ohne Segel (!) unter Motor dem gleichen Ziel zusteuerten. Nach 45 Meilen Tagesetmal klappte das Anlegen trotz Seitenwind dank unserer Crew wie am Schnürchen. Am Abend genossen wir das Lädele im Dorf – der „Täschlilade“ war wieder hoch im Kurs – assen und schauten uns den EM-Match Schweiz-Schottland an.

Bonifacio – das Highlight!

Den kurzen Ausflug nach Bonifacio schafften wir diesmal in Rekordzeit. Kaum aus dem Hafen von Teresa Gallura, rollten wir den Reacher aus und segelten in 50 Minuten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 8.5 Knoten durch diese Meerenge. Hätten wir nicht noch dem riesigen Kreuzfahrtschiff „Scarlett Lady“ (3000 Leute Fassungsvermögen) ausweichen müssen, wären wir noch schneller gewesen. Im Hafen angekommen, mussten wir aber eine Stunde herumkurven und warten, bis wir einen Platz kriegten und der war so eng, dass kaum ein Fender dazwischen passte. Aber dem Nachbarboot war das ziemlich gleichgültig, da die polnische Crew so betrunken war, dass sie das kaum mitbekamen. Sie grölten schon am Nachmittag herum – das konnte ja lustig werden!

Die uneinnehmbare Altstadt von Bonifacio.
…. Häuser am Abgrund ….
… und die steilsten Treppen, deren alte Bewohner nicht mehr hinunter- oder hinaufsteigen können.

Mit Schuss zurück und ein deftiges Ende

Es hatte immer noch Starkwind zwischen fünf bis sechs Beaufort. Das brachte zwar eine rassige Fahrt unter Reacher von Bonifacio bis zu unserem Ankerhalt in der Cala Liscia, die voll von Wind- und Kitesurfern war und die nur so um uns herumflitzten. Ans Baden war wegen dem Wind nicht zu denken und leider hatte es auch immer noch Wolken mit Saharastaub. Heute morgen mussten wir zuerst mal das Schiff von dem braunen Überzug befreien – eine echte Sauerei. Nach 21 rassigen Segelmeilen legten wir in Cala Gavetta an.

Cala Gavetta – ein schöner und sehr lebhafter Stadthafen
… und das Ratshaus.

Das Ablegemanöver in Cala Gavetta ging voll in die Hose, da die Heckleine nicht auslief. Dank vielen Fendern und Abhalten schafften wir es doch noch raus zu kommen. In den Maddalenas empfing uns der Wind mit Spitzenböen um 35 Knoten (Windstärke acht)! Nur mit gereffter Fock schafften wir acht Knoten auf Vorwindkurs und waren so schnell, dass wir noch einen Ankerhalt im Golf von Arranchi einschalten mussten, da wir erst um 15 Uhr in er Marina Olbia einlaufen durften. Auch hier blies es noch mit 32 (!) Knoten, doch mit schneller Retourfahrt und Marinerohilfe schafften wir es ohne „Rums“ zum Anlegeplatz. Das Klarschiff machen war ein bisschen schwierig, wenn das Wasser horizontal wegfliegt! Um 17 Uhr gingen Patrizia und Andrea von Bord. Sie hatten diese Woche sehr genossen, obwohl sie keine Segler sind. Zwei Stunden später standen schon Klaus und Felix vor dem Schiff und fragten sich, wie man bei diesen stürmischen Bedingungen wohl segeln kann. Es hielt sich in Grenzen, das Wetter normalisierte sich langsam.

Segeln und Fussball

Nach dem fliegenden Wechsel gestern, machten wir heute Sonntagmorgen zuerst mal den Wocheneinkauf im nahen Conad Center mit Velo, E-Scooter, Rucksäcken und Taschen. Im Vorbeiweg bewunderten wir die speziellen Yachten, die man in dieser Art nur hier in der Marina sehen kann; zum Beispiel ein Dampfschiff mit Holzmasten. Um ein Uhr legten wir ab, obwohl es in den Böen immer noch mit 30 Knoten knatterte. Klaus genoss als erster das Steuern. Das Grosssegel liessen wir wohlweislich eingepackt, aber wir segelten auch ohne es zwischen acht und neun Knoten. Gegen Abend sollte die Westwind-Front abklingen, so dass wir 13 Meilen um die Untiefen herum navigierten um in der grossräumigen Bucht von Porto Brandinchi vor Anker zu gehen. Am Abend schauten wir an Deck den EM-Match Schweiz-Deutschland, was für Klaus und Felix als Deutsche lustig war. Das Spiel endete bekanntlich unentschieden, womit wir alle zufrieden waren und glücklich in unsere Kojen sinken konnten.

Felix ist misstrauisch bei Windstärke sieben im Hafen.
Originelle Nachbarn (Ein Pseudo- Dampfschiff)
Deutschland – Schweiz (es endete 1:1)

Nochmals Bonifacio – aber wie!

Nach einer ansonsten ruhigen Ankernacht mit stündigem Gewitterregen (endlich war das Schiff wieder mal gewaschen), war es nun endgültig vorbei mit dem Starkwind. Wir mussten zuerst 24 Meilen motoren, bis vor den Maddalenas endlich eine schwache Seebrise einsetzte, so dass wir fast bis Cala Gavetta segeln konnten. Die drohenden Gewitterzellen schienen an uns vorbei zu ziehen. Die Wolken sahen aber dramatisch aus.

Die Gewitterzellen zogen ganz nahe an Cala Gavetta vorbei!
Gewitterwolken über dem Capo Ferro.

Obwohl wir diese Saison schon das dritte Mal nach Bonifacio segelten, war es jedesmal wieder eine faszinierende Szenerie mit dieser Sandsteinküste und der Altstadt oben auf den Felsen. Spektakulär war die Einfahrt und prompt kam hinter dem Felsen die ausfahrende Fähre angebraust. Und einmal mehr warteten wir wieder mehr als eine halbe Stunde, bis uns ein Platz zugewiesen wurde. Die Marineros hatten nicht mal Zeit die Leinen abzunehmen und die Mooringleine bereit zu halten. Regi musste laut rufen, bis sich mal jemand von einem Nachbarschiff bemüssigt fühlte, zu helfen. Danach mussten wir (als solidarische Segler) drei anderen Booten helfen, die als Chartercrews meistens keine Ahnung hatten und ohne Heckfender am Betonpier anschlugen. Wir waren schön versorgt am hintersten, engsten Platz! Am Abend kamen wir noch in den Genuss eines Freiluftkonzert mit einer afrikanischen Band und einer zehnköpfigen, farbigen Frauencrew, die poschwenkend eine Art Linedancing vorführten. Wir liessen es uns nicht nehmen, auch ein bisschen mitzushaken!

Die imposante Küstenlinie vor Bonifacio.
Wir sind am hintersten Platz versorgt (Pfeil)
Line Dancing auf Afrikanisch.

Massenandrang und Pizzeria

Der Windfinder hatte sich wieder mal getäuscht, aber heute zu unseren Gunsten. Es wehte eine wunderbare Nordwestwindbrise von drei bis vier Beaufort, die uns zurück nach Sardinien führte. Wir kreuzten zwanzig Meilen vor dem Wind und gingen in der Bucht von Porto Liscia vor Anker.
Am Donnerstag war uns der Wind nicht so hold und stellte schon um zwölf Uhr ab. Wir suchten eine Ankerbucht zum Lunchen und wollten die bekannte „Pearl Beach“ vor der Insel Budelli anlaufen. Hier herrschte ein unmöglicher Massenandrang mit Schiff an Schiff und herumkurvenden Ausflugsbooten, so dass wir sie fluchtartig wieder verliessen und zurück in unsere Lieblingsbucht von Spargi motorten. Am Abend machten wir nochmals in der Marina Santa Teresa Gallura Station. Diesmal sah man von der Aussichtsterrasse des Städtchens nach Korsika rüber. Letzte Woche war hier noch alles im Dunst des Saharastaubs verhüllt gewesen. Klaus und Felix luden uns in eine gemütliche Pizzeria mit kitschiger Meersichtterrasse ein.

Auf der Aussichtsterrasse von Teresa Gallura mit Blick nach Korsika.
Auch Klaus und Felix werden im „Täschlilade“ fündig.

Nochmals Ankern und Schlussspurt

Der heutige Freitag war unser bester Segeltag: Mit konstanten zehn bis zwölf Knoten Ostwind segelten wir aussen um die Maddalenas Inseln herum bis in die Bucht Cala Vacca (Kuhbucht), die gleich hinter Porto Cervo, dem berühmten Nobelhafen der Costa Smeralda, liegt. Klaus und Felix steuerten den ganzen Kurs am Wind und genossen es.

Für Felix und Klaus ging der Törn am Samstag zu Ende. Es hatte nochmals guten Wind (15-20 kn SO) und wir kreuzten mit einem Reff im Grosssegel bis zum letzten Meter vor die Marina. Dazwischen machten wir noch einen kurzen Lunchhalt in der Bucht Saline vor dem Einfahrtskanal. Der Anker hielt im grasigen Grund aber nicht, als es auf 30 Knoten aufdrehte und die Sarabella seitlich wegdriftete. Zum Glück hatten wir genug Leeraum und zogen schnell die Kette ein. Wir legten kurz an der Tankstelle an und unsere Crew wurde vom Shuttleservice der Marina zum nahen Flughafen gefahren. Wir werden erst am Freitag zurück kommen und gehen gleich wieder raus, was wir am Anfang bereuten, da eine Front mit 40 Knoten durchzog, die sich dann aber schnell auf vier Beaufort reduzierte, so dass wir mit dem Reacher bis zurück in die Maddalenas segeln können. In der grossen Bucht von Porto Palma gingen wir vor Anker. Kaum zu glauben, wie friedlich es jetzt war. Am Radio konnten wir noch den gloriosen Sieg der Schweizer Fussballmannschaft gegen Italien mitverfolgen und ich konnte es mir nicht verklemmen, nach dem Schlusspfiff laut zu hupen.

Ein historischer Sieg gegen Italien. (Bild 20min./AFP)
Porto Palma – so friedlich nach Sturmfront.

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