30. August – 8. September 2023 PDF-Version
Der erste Törn nach der Sommerpause hätte nicht abwechslungsreicher sein können. Wind und Wetter spielten Monopoly und bescherten uns von Flaute über tolle Segeltage bis Sturm alles. Söne begleitete uns auf dem Weg nach Olbia.
Warmstart
Porto Conte schien uns mit zehn Meilen Distanz ein guter Anfang zu sein. Dieser Naturpark in der riesigen Bucht bietet je nach Windverhältnissen verschiedene Ankerbuchten. Ein steter Nordwind liess uns alle Segel testen und abends legte sich der Wind wie vorher gesehen. Wir wollten in der Bucht von Tramariglia ankern. Leider hielt der Anker im Seegras nicht, so dass wir uns eine der wenigen Zahlbojen legen mussten. Und schon waren die ersten fünfzig Euro weg.
Flaute – Motorentag
Und schon kam die erste Überraschung: Entgegen der Windfinder Prognose (8-10 Knoten N-Wind) war heute nichts zu machen. Nicht mal der Reacher, der für Leichtwind noch mehr Vortrieb bringen sollte, half da etwas. Es blieb uns also nichts anderes übrig, als den Diesel anzuwerfen und die 25 Meilen bis zur Nordwestspitze von Sardinien zu motoren. Die Durchfahrt der untiefen Fornelli Passage war bei Flaute ein Kinderspiel und das anschliessende Bad im glasklaren, türkisfarbenen Wasser entschädigte uns für die eher langweilige Küstenfahrt.
Sturm – Hafentag
Am nächsten Tag geschah das, was hier immer berichtet wird. Die Strasse von Bonifacio zeigt ihre Zähne und zwar bis Stintino, wo wir in der Marina angelegt hatten: Es baute sich ein Seegang von beinahe zwei Metern auf, der von Korsika her Anlauf nahm. Auszulaufen wäre unvernünftig gewesen und wir hatten keine Eile um nach Olbia zu gelangen. Eine Sightseeingtour durch den netten Hafenort, der früher mal eine Hochburg für Thunfischfang gewesen war, lohnte sich. Überall an den Wänden hingen Poster von den Fischern, den Kapitänen und der Frauen, die in der Fabrik die Fänge für den Verkauf verpackten.
Den Ausflug auf die Insel Asinara, der ehemaligen Gefangeneninsel und dem heutigen Nationalpark mit seinem Schilkröten-Lazaret mussten wir leider wegen den Windbedingungen verschieben.
Ein „Sonntagsfährtli“
Am Sonntag stimmte endlich alles: Drei bis vier Beaufort Wind, wenig Welle und angenehme Temperaturen. Um 09.30 Uhr legten wir von Stintino ab und trimmten die Segel für die zwanzig Meilen bis Castelsardo. Mit kontinuierlichen sechs Knoten Speed und kurzen Schlägen entlang der Nordküste konnten wir schon – wie geplant – zur Lunchzeit entspannt in der Marina von Castelsardo anlegen. Stress machte einzig der Marinero, der partout nicht begreifen wollte, dass Heck- und Bugleinen nicht hinter dem Schiff, sondern versetzt auf die Windseite belegt sein sollten.
Nicht verpassen darf man hier den Besuch der Altstadt, die leicht mit dem Stadtbus erreicht werden kann. Höhepunkt ist der Sonnenuntergang auf der Terrasse der Bar neben der alten Kirche, wo man einen wunderbaren Ausblick auf das Meer hat.
Gegenan zur Nordspitze
Stimmt die Vorhersage für heute: vier bis fünf Beaufort und wenig Welle bis Santa Teresa Gallura, der Nordsptze von Sardinien? Sie stimmte und bescherte uns nochmals einen wunderbaren Segeltag; zwar kein Sonntagsfährtli, dafür aber rassiges Segeln mit reduzierten, sprich gerefften Tüchern. Wir wurden sogar von einer anderen Schweizeryacht fotografiert, was uns endlich mal ein Bild von aussen bescherte. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6.3 Knoten hatten wir 43 Meilen schon um 13.30 Uhr geschafft. Den anschliessenden Lunch hatten wir wirklich verdient!
Nochmals Sturm – Strandtag
Die einzige Frage war, ob wir morgen weitersegeln können, denn die sogenannte „Omega“ Wetterlage (Ein Hochdruckgebiet zwischen zwei Tiefs) produzierte hier nicht nur viel Wind sondern vor allem viel Seegang. Als um elf Uhr eine ganze Flotille mit sieben Yachten bei Windstärke fünf mit Ach und Krach und viel Gefluch der Marineros angelegt hatte und wir die eher bleichen bis seekranken Gesichter der Crews anschauten, war der Entscheid schnell gefällt: Wir bleiben noch einen Tag und suchen uns einen Strand zum Schwimmen. Dieser war zwar auch dem Seegang ausgesetzt, aber es machte Spass sich in die Wellen zu stürzen.
Stadtfieber und Ankeridylle
Segeln ist wie Reisen auf dem Wasser und die Befriedigung von nicht-nautischen Gelüsten gehört halt ebenso dazu. In dieser Hinsicht war Cala Gavetta, der quirlige Hauptort der Maddalenas genau richtig. Erstens konnte man hier ausgezeichnete lokale Produkte für unsere Bordküche kaufen und zweitens fällt es der weiblichen Crew immer wieder ein, dass die Unterstützung des lokalen Gewerbes in Form von Schuhen oder Kleidern doch eine löbliche Absicht sei.
Doch eine lärmige Nacht genügte uns und wir suchten uns einen Ankerplatz, da nun der Wind tatsächlich mal Ruhe geben sollte. Auf der Insel Caprera, in der grossen Bucht Porto Palma, wurden wir fündig und für einmal hielt der Anker beim ersten Versuch. Dass noch zwanzig andere Yachten die gleiche Idee hatten, tat der Idylle aber keinen Abbruch. Jeder hielt genügend Abstand, kein lauter Scooter störte die Idylle und auch kein Katamaran, die sonst notorisch laut sind, wollte die Stimmungskanone für die ganze Bucht spielen. Nur die nahe Segelschule kurvte mit ihren Kleinyachten zwischen den verankerten Booten herum und wollte beweisen, dass sie die Manöver im Griff hatten.
Schlussspurt mit Umwegen
Heute Freitag blieben uns nur noch zwanzig Meilen bis nach Olbia. Doch wie so oft ist der Weg das Ziel. Obwohl wir nun die zweite Saison rund um Sardinien segeln, kennen wir noch lange nicht alle Buchten und Ankerplätze. Und nicht immer erzählen die Revierführer die ganze Wahrheit. So wurde ein weiterer Ankerplatz auf Caprera im Führer als „sehr empfehlenswert“ gelobt, während uns ein Profiskipper, den wir in Teresa Gallura getroffen hatten, uns dringend davon abriet, da er voll von Wespen sei. Eine weitere Bucht an der Costa Smeralda, die wir abklapperten – die bekannte Cala di Volpe – wurde wegen „teuren Mooringbojen“ nur bedingt empfohlen, was aber wegen der grossen Abstände kein Problem beim freien Ankern verursachen sollte. Der Umweg der Costa Smeralda entlang hatte sich so oder so gelohnt. Die Stimmung mit dem glitzernden Meer war einmalig!
Zwei Stunden später legten wir in der Marina Olbia an, tankten die Sarabella voll und fuhren an den zugewiesenen Platz, wo wir von einem charmanten Marinos im „Italian Style“, d.h. er befestigt gleich selber die Mooringleine, geleitet wurden. Am nächsten Nachmittag ging Sonja von Bord und wechselte auf ein grösseres Schiff: Die Fähre nach Piombino.
Törnstrecke: Alghero – Stintino – Castelsardo – Teresa Gallura – Cala Gavetta – Is. Caprera – Olbia Total: 168 Meilen