Der Korsikatörn

16 – 29. September 2023 PDF-Version

Von Olbia ging es diese zwei Wochen Richtung Korsika. Urs und Adi wollten viel segeln und kamen voll auf ihre Kosten. Wegen dem hohen Seegang vor der Westküste kehrten wir aber in Ajaccio um und tummelten uns an der Südostküste Korsikas und auf den verschiedenen Inseln herum.


Ein vielversprechender Anfang

Die Ausfahrt von Olbia mit seinem schmalen Kanal und dem regen Fährenverkehr war immer wieder ein Erlebnis. Ein Pilotboot scheuchte uns Yachten zur Seite, damit die Kolosse von 300 Metern sicher aus- oder einfahren konnten. Kaum aus dem zwei Meilen langen Fahrwasser ausgefahren, konnten wir schon die Segel setzen und um die Ecke des Golfo die Aranchi ins offene Meer hinaus segeln. Der mittlere Südostwind kam Adi und Urs gelegen um wieder die nötige Steuersicherheit zu erlangen. Sie werden es diese Woche gebrauchen können! Nach 35 Meilen erhielten wir im Hafen, der trotz Nachsaison schon ziemlich voll war, einen Platz gleich an der Mole vor dem Fährhafen. Für entsprechende Unterhaltung war gesorgt, da hier die Fähren vom Maddalena nach Palau im Halbstundentakt verkehren. Unterhaltsam war auch das abendlichen Strolchen durch die Gassen der lebendigen Altstadt. Überall hatet es Bars und Musik und eine der besten Glacé Geschäfte, wo wir jedesmal vorbeigehen.

Adi muss auf die ausfahrenden Fähren aufpassen
Der Hafen von Cala Gavetta
Abendstimmung in der Altstadt von Gala Gavetta
Unser Track entlang der Costa Smeralda und zu den Maddalenas Inseln.

Flaute – Motorentag

Die Stasse von Bonifacio ist immer gut für Überraschungen. Hier hatten wir schon gegen mächtige Wellen und Böen gekämpft, doch heute zeigte sie sich von der langweiligen Seite. Mit sechs Knoten Wind und altem Seegang von gestern war das Segeln nicht möglich. Gemein war, dass der Wind erst vier Meilen vor Bonifacio aufkam, so dass wir hier noch einige Yachten einholen konnten. Die Einfahrt durch den spektakulären Felseingang und vor allem die Reihenfolge am Marinaeingang entschied über die lästige Wartezeit, bis uns ein Marinero herein dirigierte. Doch dieses Mal waren sie wenig hilfreich. Die Mooringleine der Nachbaryacht verfing sich im Ruder und sie mussten sie zuerst lösen, damit wir in die Lücke passten, die eigentlich viel zu eng war. Der Eigner der Nachbaryacht, war zwar ein netter Belgier, aber wenig begeistert von dieser Zwängerei. Den Aufstieg zur Altstadt und die umwerfende Aussicht auf die Klippen überliessen wir der Crew. Nicht gerade umwerfend, aber immer wieder erstaunlich ist der Spaziergang entlang dem Steg der Superyachten. Unglaublich, was hier an Geld und Prestige zu sehen ist; manchmal pothässlich und oft auch überdimensioniert, wo unsereiner froh ist, dass man nicht auf eine Crew angewiesen ist.

Ein Traditionsegler, die „Sir Robert Baden Powell“ Jahrgang 1957, hat vor dem Hafen Anker geworfen.
Der Steg der Eitelkeiten. Überdimensioniert und oft ästhetisch wenig überzeugend.

Vor Anker mit Einbussen

Das Ablegen von Bonifacio war wieder mal abenteuerlich, weil gleichzeitig mit den vielen ausfahrenden Yachten noch die Fähre einlief. Es wurde wirklich eng! Heute hatte es wieder mal regelmässigen Wind um drei bis vier Beaufort aus Nordwest. Er drehte zwar im Laufe des Tages auf Nord und unsere Wendewinkel waren nicht sehr berühmt, aber Adi und Urs steuerten uns mit Begeisterung Richtung Tizzano. Vorsichtig umfuhren wir die Untiefen weit draussen von „Les Moines“. Tizzano sollte ein schöner Ankerplatz sein, leider hatte es Schwell in dieser Bucht. Aber wir hatten tolle 23 Meilen gesegelt! Die elektronische Ankerwache arbeitete nachts für uns, da wir den Felsen recht nahe kamen.

Auf dem Weg nach Tizzano müssen wir sorgfältig die (unsichtbaren) Untiefen von „Les Moines“ umfahren. Wegen dem beachtlichen Strom sind unsere Wenden nicht sehr effizient.
Die elektronische Ankerwache entbindet uns von der Cockpitwache, da wir dem Strand recht nahe kommen.

Die Flautenhexe schlägt wieder zu

Die Wetterprognose für diese Woche war von Anfang an durchzogen. Meist südliche Winde bedeuteten Wolken, manchmal Regen und Gewitter und viele Dreher. Dass dann aber für den ganzen Tag der Wind ausfiel, war schon enttäuschend. Und ausgerechnet heute mussten wir 35 Meilen bis nach Ajaccio zurücklegen. Weder scheint die Sonne, noch finden wir eine passable Bucht für den Lunchhalt. Es gibt Sandwiches „on the fly“. Um 15 Uhr legen wir in der Marina Tino Rossi in Ajaccio an, die uns nicht sehr überzeugt. Ab und zu hatte es Schwell und wir wurden in eine Box neben eine alte Hanseyacht gepfercht, deren Fender laut an unserem Freibord scheuerten. Segeln ist halt nicht immer nur ein Ponyhof! Im Regen schlenderten wir durch die Gassen der Altstadt, die gemessen an der Bedeutung dieser Provinzhauptstadt, wenig überzeugend war. Zum Glück fanden wir einen guten Metzger, der uns vier leckere Rindsplätzli verkaufte, die Regi mit feinen Zucchettistreifen und köstlichem Risotto zu einem Nachtessen zubereitete und mit feinem lokalen Wein zum Highlight des Tages emporstilisierte.

Die Hafenaussicht in Ajaccio.
Hier legen die grossen Fähren …
… und die Kreuzfahrtschiffe (Länge 320 Meter, 2000 Passagiere) an.

Plan B: Zurück nach Sardinien

Der Wind ist das Eine, der Seegang das Andere. Beide zusammen in hoher Intensität bedeutet Hardcore Segeln gegenan; und genau das war vorausgesagt: Da der Westwind für die nächsten Tage während 24 Stunden stehen blieb, rollte viel Schwell an die Westküste Korsikas. Hinzu kam, dass die meisten Ankerbuchten, die wir uns ausgesucht hatten, wenig Schutz boten und der nächste vernünftige Hafen (Calvi) rund 60 Meilen im Norden lag.

So entschieden wir aus Vernunftsgründen von Ajaccio wieder die Küste hinunter zu segeln. Um sieben Uhr weckten uns dumpfe Motorgeräusche, die eigentlich nur von Fähren oder ähnlichem herrühren konnten. Und tatsächlich: Keine hundert Meter neben uns, hatte das Luxus-Kreuzfahrtschiff, die Celebrity Edge, mit einem Fassungsvermögen von 2000 Passagieren und 1700 Leuten Besatzung, angelegt.

Um zehn Uhr legten wir nach einem richtig schlechten Cappuchino – die Franzosen haben das einfach nicht im Griff – in Ajaccio ab um das 20 Meilen entfernte Propriano als Zwischenhalt anzulaufen. Wind und Welle gaben uns noch einen Tag Galgenfrist. Dieses nette Hafenstädtchen liegt in einer weit einschneidenden Bucht und ist deshalb hervorragend gegen Westen geschützt. Der Sonnenuntergang war wieder mal beeindruckend, aber die Wolken verhiessen nichts Gutes.

Der Sonnenuntergang ist zwar beeindruckend – aber er bringt wohl viel Wind und Welle.

„Studer-Wetter“

Es ist ja nett, dass man nicht schon bei der Hafenausfahrt mit haushohen Wellen und Schwimmwestenzwang konfrontiert wird. Erst als wir aus dem Golf von Propriano hinausfuhren, setzte der Seegang ein und wie. Mit zwei Reffs im Grosssegel konnten wir raumschots schon fast mit Zielkurs auf die Südecke von Korsika zuhalten. Die Wellen, die schon ein beträchtliche Höhe von zwei Metern erreicht hatten, machten das Steuern zu einem Rodeoritt und forderte volle Konzentration des Steuermanns. Urs und Adi waren in ihrem Element und wir nannten dieses Wetter kurzum „Studer-Wetter“. Die Untiefen von „Les Moines“ konnten wir diesmal auf Backbord lassen, ohne die schmale Durchfahrt zu benützen. Einen deutschen Segler, der wagemutig mit seiner elf Meter langen Yacht mit vollem Gross und Fock kämpfte, überholten wir schnell mal mit neun Knoten Fahrt. Doch dann nahm der Wind auf dreissig Knoten zu und von hinten drohte eine Gewitterfront, deren Zugrichtung unklar war. Klar war aber, dass wir das Grosssegel bergen mussten. Damit der Baum nicht wild herumpendelte, während wir die Sarabella gegen die Wellen stellten, liessen wir den Bullenstander stehen, was sich als probates Mittel erwies. Kaum wieder auf Kurs, preschten wir nur unter Fock mit neun bis zehn Knoten die Wellen rauf und runter. Nach sieben Meilen hatten wir die Südspitze von Korsika erreicht, jetzt mussten wir nur noch die Strasse von Bonifacio durchqueren. Nach einer weiteren Stunde hatten wir es geschafft und liefen in die Marina von Santa Teresa Gallura ein. Hier herrschte quasi Windstille. Man konnte nicht glauben, dass kaum zwei Meilen weiter draussen der Bär los war.

Studer 1 (Vater) steuert…
… Studer 2 (Sohn) steuert.

Wieso nicht zurück?

Nachdem wir uns von diesem Ritt erholt hatten, galt es die zweite Törnwoche zu planen. Ab Sonntag sollte wieder Sonnenschein vorherrschen, nur der Wind hielt partout noch seine starke Stellung. Von verschiedenen Seiten war uns empfohlen worden, die Südostseite von Korsika nicht auszulassen. Segeltechnisch war der Schlag nach Porto Vecchio trotz einer Prognose von sechs Beaufort machbar, da wir wieder von einem Halbwindkurs ohne Kreuz profitieren konnten. So ging es am Sonntagmorgen wieder los Richtung Nord. Nochmals wurden wir für eine Stunde vom Seegang durchgeschüttelt, aber sobald wir in der Landabdeckung der Lavezzi- und Cavallo-Inseln waren, konnte man getrost Lifeline und Schwimmweste zur Seite legen. Als wir um das Kap „Punta di a Chiappa“ in den reizvollen Golf von Porto Vecchio anluvten, wurden wir von dreissig Knoten Gegenwind empfangen. Den Eingang in diesen kleinen Hafen, der im Sommer hoffnungslos überfüllt ist, fanden wir erst im zweiten Anlauf und zum Glück hielt der Hügel der Altstadt die Hälfte des Windes ab. Ein abendlicher Besuch derselben lohnte sich auf jeden Fall.

Eine glückliche Crew vor dem Eingang zur Altstadt
Der Hauptplatz von Porto Vecchio
Die Gässchen laden zum Flanieren ein.

Inselhopping: Cavallo, Lavezzi, Razzoli

Nun lagen noch ein paar Leckerbissen an Ankerplätzen für die nächsten Tage vor uns. Die Lavezzi-Insel stand schon lange auf unserer Bucketlist, aber am Montag sollte ist nicht sein: Der Schwell der letzten Westwindtage machte ein Ankern in dieser Traumbucht unmöglich. Eine lohnende Alternative war eine kleine Bucht im Norden der Cavallo-Insel, die nur zwei Seemeilen zurück lag. Doch kaum hatten wir geankert, drehte der Wind auf Nord und liess diese lauschige Bucht zum Leegerwall werden. Jetzt hiess es schnell reagieren, da es schon sechs Uhr abends war und in einer Stunde Sonnenuntergang sein wird. Regi konsultierte kurz den Hafen- und Buchtenführer und schlug die Razzoli-Insel im Maddalena Nationalpark als nächste Möglichkeit vor. Schnell hoben wir den Anker und motorten mit Volldampf auf diese Insel zu. Mit den letzten Sonnenstrahlen erwischten wir eine freie Boje und konnten erleichtert den Abend geniessen. Wir hatten heute drei Inseln besucht!

Razzoli-Insel: Gerade noch geschafft.
Die Nachbarbucht Cala Longa als Abstecher

Nochmals Inselnwhat else!

Unser Inselhunger war noch nicht gestillt, vor allem weil wir gestern die Lavezzi unverrichteter Dinge nicht anlaufen konnten. Aber heute sollte dem nichts mehr im Weg stehen. Von wegen: Die Bucht „Cala Lazarina“, wo man als einzige anlegen konnte, war überfüllt, so dass wir nur noch hinten anschliessen konnten. An den geplanten Dinghiausflug zum Gedenkfriedhof des Untergangs der Fregatte „Sémillante“, wo 1855 mehr als sechshundert Seeleute ihren Tod gefunden hatten, war nicht zu denken. Kaum hatten wir geluncht, kam auch noch die Gendarmerie angebraust und erklärte uns, wir hätten ausserhalb der Markierungen geankert – Quel merde!

Lavezzi-Insel mit seinem Steingarten – leider zu weit draussen …
… dramatische Stimmung über dem Gedenkfriedhof, den wir leider nicht besuchen konnten.

Also nochmals Anker auf und zurück zu den Maddalenas-Inseln. Heute musste Caprera angepeilt werden. Der kürzeste Weg war aussen rum, nur herrschte einmal mehr ein unangenehmer Wellengang. Doch schliesslich waren wir Segler und die Weicheiertour innen durch ohne Welle war nicht unsere Sache. Adi presste die Sarabella an den Untiefen von Razzoli vorbei – der „Bergpreis“ war erreicht – bevor wir mit leichtem Schrick in den Segeln und beachtlichem Speed hinten rum um Caprera in die Bucht Porto Palma einliefen.

Last but not least

Ein Törnabschluss sollte immer stimmig sein. Für unsere Gäste standen in diesen zwei Wochen das Segeln im Vordergrund. Und die Rechnung ging gut auf: Am Dienstag konnten wir eine kleine Kreuz bis zur Insel Spargi zurück legen, wo wir ausgiebig baden konnten, bevor wir abends nochmals im Stadthafen von Cala Gavetta anlegten. Für den Mittwoch stand nochmals eine längere Strecke bis an die Costa Smeralda auf dem Plan. In der Bucht des Punta Capaccia sahen wir sogar noch Delphine, bevor wir uns in der grossen Bucht der Cala Volpe an eine Festmacherboje hängen konnten. Diese war so nah am Ufer, dass für Regi und Adi sogar ein Strandbesuch drinlag. Auch am letzten Tag waren die Segel die meiste Zeit oben. Bevor wir in den Golf von Olbia einfuhren, genossen wir noch einen letzten Blick auf den riesigen Felsen „Tavolara“. Um 17 Uhr legten wir in der Marina von Olbia an. Adi und Urs waren sich einig: „Das waren zwei wirklich abwechslungsreiche Segelwochen!“ Von den 336 zurückgelegten Meilen hatten wir deren 213 gesegelt, das waren mehr als 60 Prozent!

Insel Spargi – eine stimmige Badebucht
Essen an Bord – immwer wieder toll!

Törnstrecke: Olbia – Cala Gavetta – Bonifacio – Tizzano – Ajaccio – Propriano – Santa Teresa Gallura – Porto Vecchio – Razzoli – Caprera – Cala Gavetta – Cala di Volpe – Olbia Total: 336 Meilen

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