Athen – Kos

10. – 25. Sept. 2022 (PDF-Version)

Ein Törn durch die Kykladen ist meistens kein Zuckerschlecken: Viel Wind und Welle. Dafür wird man entlöhnt mit wunderbaren Hafenorten, interessanten Inseltouren und kulinarischen Leckerbissen. Klaus kommt fast jedes Jahr mit uns. Diesmal hat er seinen Bruder Felix und seinen Sohn Christian mit Freundin Lea mitgebracht.


Der Samstag ist ja traditionsgemäss unser Putz- und Einkaufstag, bevor die nächste Crew kommt. In der Zea Marina in Piräus wurde uns aber ein Platz am äussersten Ende zugeteilt, so dass wir für alle Botengänge das Dinghy nehmen mussten. Die Sarabella hatten wir schon am Freitag gewaschen, so dass am Samstag nur noch die Innenreinigung anstand. Erstaunlich reibunglos verlief der Papierkrieg mit der Hafenpolizei, die jedesmal den Flaggenschein, die Haftpflichtversicherung (in Griechisch!), das Transitlog, das Etpai (griech. Steuerbeleg) und die Crewliste sehen wollen. Alles wird mindestens zweimal gestempelt und kopiert. Lesen wird es wohl kaum niemand. Genervt hat uns lediglich der Waschsalon, der trotz Hochsaison am Mittag unseren kleinen Auftrag nicht mehr annehmen wollte, da er um drei Uhr schliessen wollte. Es ist jedesmal erstaunlich, wie wenig Geschäftsinteresse die Griechen an den Tag legen, obwohl sie ja nicht auf Rosen gebettet sind. Nicht mal der Segelladen in dieser Fünf Stern Marina bot viel Auswahl, dabei wäre er wohl eine Goldgrube, wenn man sich die Megayachten anschaut, die hier angelegt haben.

Die Zea Marina mitten in Piräus ist ausgerichtet für Megayachten.
Eine wunderschöne Classic Yacht neben den unvermeidlichen Megamotoryachten.

Am Sonntag 11, September legten wir mit unserer neuen Crew Felix, Klaus, Christian und Lea ab und legten den Bug mal Richtung Ost. Vor uns lagen ungefähr 300 Meilen (knappe 600 Kilometer) mit vielen Inseln – den Kykladen – und einigen Überraschungen. Dies beginnt bei den unberechenbaren Windverhältnissen – der Meltemi kann über Tage mit acht oder neun Windstärken blasen – und endet bei den Hafenorten, die – als anderswo im Mittelmeer – hier weder reservierbar noch besonders gut ausgestattet sind. Meistens fehlen Mooringleinen, Duschen, WCs oder Strom- und Wasseranschlüsse. Eine solche Reise verlangt deshalb eine gute logistische Vorbereitung; Regi und ich waren gefordert.

Die ersten 43 Meilen Richtung Süd waren genau richtig für den ersten Segeltag: Ein leichter Wind von zwei bis drei Beaufort und wenig Seegang brachte uns zur Insel Kea. Obwohl es schon halb sieben Uhr war, als wir in die Bucht mit dem Haupthafen von Livadi einbogen, fanden wir einen der letzten Plätze. Es herrschte geschäftiges Treiben, da diese Insel das Naherholungsgebiet der Athener ist und die Fähren im Stundentakt an- und ablegten. Am Abend kehrte dann Ruhe ein und die Crew genoss das erste griechische Nachtessen in der angesagten Taverne über dem Hafen. Bescheidene 120 Euro kostete das Nachtessen zu Sechst und auch der Hafenplatz war mit 26 Euro mehr als günstig im Vergleich zu den Preisen in Spanien oder Italien.

Kea Hafen – für einmal mit genug Platz
Essen in kultiger Taverne oberhalb des Hafens.

Am Montag ging es dann ein bisschen mehr zur Sache. In der Nacht hatte sich ein Nordwestwind mit vier bis fünf Beaufort aufgebaut, der die Wellenhöhe schnell mal auf ein bis zwei Meter anhob. Die zweite Insel – Kithnos – war schnell in Sicht aber die dreissig Meilen mussten erst mal verdient werden. Wir mussten vor dem Wind kreuzen und die Sarabella kam ab und zu trotz ihrer Grösse ins Geigen, so dass am Anfang der Skipper mal selber steuern wollte, bevor Klaus und Christian es versuchten und entsprechend gefordert waren. Der Lunch musste warten, aber die Crew hatte ihren ersten Test betreffend Seefestigkeit bestanden. Auch das knifflige Anlegemanöver im engen Hafen von Loutra gelang gut, da man hier bei ungenügender Fenderplatzierung schnell mal einen Kratzer an der rauhen Quaimauer einfangen kann. Kaum um vierzehn Uhr angelegt, kamen schon die nächsten Yachten, die sich längsseits an uns legen mussten. Am Schluss waren wir ein Päcklein von drei Booten und dementsprechend war das Getrampel über unser Boot vorgegeben. Zum Glück waren es höfliche Engländer; die gleichen Nachbarn, die wir schon in Kea neben uns hatten. Quasi als Belohnung gab es gleich neben dem Hafen eine heisse Quelle, in die man sich legen konnte und mit Meerwasser gekühlt, das wohlige Gefühl einer Kur erzeugte.

Wellige Fahrt nach Kithnos
Klaus geniesst das Steuern
Die Ersten am Steg, aber nicht lange alleine! (Im Hintergrund die heisse Quelle)

Den Dienstag gingen wir gemütlich an. Die Crew genoss nochmals das Quellenbad und nach dem Lunch legten wir als Letzte um 12.30 Uhr ab um noch die Batterien zu füllen, da man in Serifos nie weiss, ob man im Hafen anlegen kann. Es wäre alles vorhanden ausser Mooringleinen, WCs/Duschen und ein Hafenmeister, so dass wir an der Aussenmole vor Buganker die Sarabella neben vielen Charterschiffen belegten. Die Crew vergnügte sich am Strand und fuhr zur Chora hoch um die phantastische Aussicht über die Inselwelt zu geniessen. Wir nahmen es gemütlich und tranken Ouzo und Apérol Spritz an der Strandbar. (>Bild)

Heute steuert Felix, Klaus gibt Tipps
Der Ouzo in einer der schmucken Strandbars
Die Aussicht von der Chora auf den Hafen und das Städtchen.

Nach drei Hafenanleger stand wieder mal ein Ankerplatz auf dem Programm. Es gibt doch nichts schöneres als nach dem Segeln noch schnell ins Wasser zu hüpfen oder morgens, kaum ist die Sonne da, eine Runde zu schwimmen. Da bot die Bucht von Despotiko den idealen Ort. Türkisblaues Wasser, bester Ankergrund und genug Platz zum Schwojen. Schon um drei Uhr hatten wir die 30 Meilen ohne eine Halse oder Wende geschafft. Die Crew machte noch einen kleinen Landausflug mit dem Dinghi und schaute sich auf dem Inselchen um. Zur Geschichte: Im 2. Weltkrieg hatten die Engländer 1943 hier ihre geheime Funkstation platziert.

Bucht Despotiko (aboutparos.gr)
Ein Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch
Viele zerklüftete Inselchen und Riffe bei der Anfahrt nach Paros.

Heute war für einmal motoren angesagt. Dies störte uns aber wenig, da wir nur Antiparos umrunden mussten, das 18 Meilen entfernt lag. Der Hafen, der eigentlich ein Charterstützpunkt ist und den Standard einer Marina haben sollte, war genau so verlottert, wie vor sechs Jahren, als wir das letzte Mal hier waren. Wir kriegten aber einen Platz an der Aussenmole und entschieden uns hier mal einen Hafentag einzuschalten, da dies doch eine sehenswerte Insel mit einem malerischen Hafenort ist. Die Crew mietete ein Auto und besuchte die Insel, während wir die Sarabella vor unfähigen Charterseglern schützen mussten, die es nicht fertig brachten, ihren Anker auszubringen, ohne ihn mit andern (unserem!) zu kreuzen.

Ein dickes Netz im Bugstrahlruder
Christian schneidet es heraus. Bravo!

Was das Anlegeprozedere noch erschwerte, war der plötzliche Ausfall des Bugstrahlruders. Das weckte schlechte Erinnerungen, da dies schon mal in Sizilien passiert war und wir mit einem Taucher einen Propeller ersetzen lassen mussten. Doch diesmal war Christian unser Held. Ein dickes Nylonnetz hatte sich verheddert aber gottseidank keinen Propeller verletzt. So konnte er es mit dem scharfen Notfallmesser herausschneiden.

Gegen Abend schien alles geregelt zu sein und wir lagen mitten in dieser Charterflotte. Doch dann setzte ein Schwell wegen dem nahen Fährhafen ein, der die Boote so ins Schaukeln brachte, dass Schäden zu befürchten waren. Regi und ich lichteten schnell entschlossen den Anker – zum Glück ohne verwickelt zu sein – und flüchteten in die gegenüber liegende Bucht. Der Chef der Charterflotte himself brachte dann unsere Crew an Bord und entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten. Schade, dass hier im Herzen der Kykladen keine bessere Marina zur Verfügung steht!

Die Kathedrale von Paros …
… mit Innenhof. Es soll die schönste Kathedrale der Ägäis sein.
Ein Ausblick von der Taverne auf die Ankerbucht

Die Nacht vor Anker war unruhig, da die Bucht offen gegen Süden war und der Wind – wie oft in den Kykladen – auch nachts nicht nachliess. Dafür war das Nachtessen, das die Crew noch schnell vor ihrer überraschenden Taxifahrt eingekauft hatte, dank Regis Kochkünsten vom Feinsten! Christian bekam eine doppelte Portion für seinen heldenhaften Einsatz im Wasser!

Fürs Wochenende wünschten wir uns einen ruhigeren Liegeplatz. Der Wind aus Süd sollte jetzt zusammmen fallen, so dass wir mit einer angenehmen Nacht rechnen durften. Geplant war eine Bucht auf Iraklia, die wir von früheren Aufenthalten noch gut in Erinnerung hatten. Doch diese Anfahrt musst erst mal verdient werden. Zuerst mussten wir mal mit Südwind, der immer noch mit fünf Beaufort bliess, die Küste von Paros hochsegeln. Nur unter Fock gelang dies recht locker. Kaum hatten wir die Nordspitze bei Naussa umrundet, setzte der Wind wieder mit voller Stärke ein, doch diesmal gegen uns. Mit zwei Reffs im Gross und unter Fock kreuzten wir zwischen Naxos und Paros hinunter. Zwischendurch kamen uns die unzähligen Fähren, die hier im Stundentakt verkehren, gefährlich nah. Rücksichtnahme, obwohl wir vortrittsberechtigt wären, ist bei diesen Kapitänen ein Fremdwort.

Die Fähren sind ziemlich rücksichtslos. Blue Star Kapitäne im Besonderen haben einen zweifelhaften Ruf!

Nach 38 Meilen konnten wir gut geschützt in der Ankerbucht von Iraklia den Anker werfen. Der einzige Tiefpunkt war das Nachtessen an Land, das trotz Sternen im Tripadvisor bei weitem nicht an Regis Küche herankam. Glücklich war einzig der Koch, der uns seinen einzigen Fisch verkauft hatte, aber vergessen hatte uns Beilagen zu kochen. In Koufonisia, unserem nächsten Stopp, sollte wieder mal die Bordküche zum Zug kommen!

Iraklia, Bucht Livadi: ruhig und entspannend.

Unsere Crew hatte das Bedürfnis, nicht nur die Seglerei in den Vordergrund zu stellen, sondern auch mal Land und Leute kennen zu lernen. Da bot sich Koufonisia geradezu an: Erstens war der Hauptort absolut authentisch und mit seinen vielen Gässchen sehenswert und zweitens soll gleich neben dem Hafen der „Schönste Strand der Ägäis“ liegen. Der Entdeckerdrang war geweckt und die Crew machte sich auf die Pirsch. Die Ausbeute an Bildern bewies, dass es sich gelohnt hatte. In der Bildlegende musste man extra vermerken, dass das Wasser nicht koloriert war und die Windmühle kein Fake aus dem Internet war!

Koufonisia: Die Wasserfarbe ist echt und die Touristin ebenso
die Windmühle ist auch echt!

Für die zwar kurze Überfahrt nach Amorgos war uns trotz Wind um 25 Knoten nicht bange, aber für die Ausfahrt aus diesem Kleinhafen, gab es eigentlich nur einen Versuch um nicht auf den Felsen der 15 Meter breiten Ausfahrt zu landen. (s. Bild oben) Zuerst musst erst mal der Anker ohne Probleme hochkommen, was tatsächlich gelang. Da dann nur noch zehn Meter bis zur gegenüberliegenden Hafenmauer übrig blieb, mussten wir mit Vollgas die Sarabella wenden und aus der Ausfahrt rauspreschen. Es gelang – war aber Kamikazemässig!

Wenn man von 36 Meilen, deren 28 segeln kann und den Motor nur für die Hafenein- oder -ausfahrt braucht, dann ist das Seglerherz zufrieden. Das war auf diesem Törn fast immer der Fall und nicht umsonst gelten die Kykladen als die windigste Gegend der Welt. Natürlich ist es manchmal des Guten zuviel und Amorgos trägt dazu noch den Übernamen „The windy Island“. Angelegt mit Buganker – was sonst – war schnell und routiniert erledigt und ebenso schnell hatte die Crew ein Mietauto gekapert und fuhr zur Chora und dem berühmten Kloster Panagia Chozoviotissa hoch. Wir mussten wieder mal unseren Buganker vor Angriffen verteidigen und erhielten laute und wortreiche Unterstützung von einem französischen Nachbarboot. Daneben genossen wir das Hafenkino, als ein Katamaran, von denen es wieder mal mehr als genug hatte, partout nicht glauben wollte, dass der letzte Platz zu wenig tief für ihn war. Das Mitleid hielt sich deshalb in Grenzen.

Das Kloster Panagia aus dem 11. Jahrhundert – in den Fels gehauen.
Hafenkino: Ein Katamaran verschätzt sich in der Hafentiefe.

Für die rund 35 Meilen lange Überfahrt nach Levita („die Schäfchen- oder Ziegeninsel“) warnte ich die Crew vor allzu grossem Segelvergnügen, da wir entlang von Amorgos eigentlich immer mit sehr hohem und konfusen Seegang konfrontiert worden waren. Doch heute schienen uns die Segelgötter gnädig gesinnt zu sein: Ein regelmässiger Nordwind mit wenig Welle trug uns am Wind segelnd zu unserem Tagesziel. Die einzig bange Frage war, ob es eine freie Boje an diesem speziellen Ort – eine Familie, hundert Schafe oder Ziegen und eine Taverne – haben würde, denn unser französischer Nachbar in Amorgos hatte uns schon gewarnt, dass wir früh dort sein mussten.

Levitha 15 Bojen …
… eine Familie und 100 Schafe oder Ziegen. Die Mama versorgt die Segler!
Der Haupthafen Scala von Patmos (ESYS)
Das berühmte Walfahrtskloster

Den Schlenker nach Nord auf die Insel Patmos wollten wir uns nicht entgehen lassen. Der Hauptort Skala hat eine kleine unfertige Marina, wo wir uns immer verkrümmelten, wenn viel Meltemi wie heute angesagt war und Ankersalat aus dem Weg gehen wollten.

Wir waren positiv überrascht, dass die Strom- und Wasseranschlüsse nun funktionierten und eine Stegerweiterung gebaut worden war, aber einmal mehr fehlten die Mooringleinen und der Seegrund liess die Anker slippen – ganz normale griechische Unzulänglichkeiten eben. Attraktiv ist der Ort allemal und nur schon das Walfahrtkloster mit seiner burgähnlichen Architektur und dem gewaltigen Glockenturm muss man einmal gesehen haben.

Doch am Mittwoch neigte sich dieser Kykladentörn, beim dem wir uns nun schon in den Dodekanesinseln bewegten, endgültig dem Ende zu. Da wir auf der ganzen Reise immer wieder bangen mussten, einen freien Platz zu finden, war die Befürchtung gross, dass es sogar mit Kos eng werden könnte, da am Freitag alle Charterboote zurück kommen. Und tatsächlich und obwohl wir dort jahrelang Kunden gewesen waren: Es hatte keinen Platz mehr; weder in der Marina noch im Stadthafen. Das war enttäuschend und auch meine Beziehungen zu Istion Charter, die jeweils im Winter das Yachtmanagement für uns machen, nützten diesmal nichts. Nun war Flexibilität gefragt. In der Bucht von Palinisos auf Kalymnos, wo Nomiki von der Taverne Ilias immer eine Boje für uns bereit hielt -wenigstens klappte dies – konnten wir das Törnende nochmals planen. Nach mehreren Telephonen mit dem Hafenmeister vom Haupthafen, sicherte er uns einen Platz zu und die Crew konnte eine Fähre nach Kos für Samstag morgen buchen. Als wir dann endlich angelegt hatten – auch hier war es der letzte Platz – waren wir einigermassen erleichtert. Die Crew war zufrieden und dieser anspruchsvolle Törn, den wir zwei Drittel unter Segel zurück gelegt hatten, war zu einem Gute ende gekommen.

An der Boje in Palionissos (Is. Kalymnos)
Nomiki von der Taverne Ilias rettet uns den Tag!

Törnstrecke: 1 Athen – 2 Kea – 3 Kythnos (Loutra) – 4 Serifos – 5 Despothiko – 6 Paros – 7 Iraklia – 8 Koufonisia – 9 Amorgos – 10 Levitha – 11 Patmos – 12 Kalymnos (Palionissos) – 13 Kalymnos Hafen. Total: 303 Meilen, 200 gesegelt.

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