Nach einem Jahr Planung kam Ende Februar der Moment der Wahrheit: Wir konnten unsere Sarabella zum ersten Mal live erleben. Zwar noch an Land und nicht geriggt, aber immerhin …
An Land auf dem Winterbock erschien sie noch grösser, als wir es uns vorgestellt hatten. Natürlich war noch nichts gereinigt und aufgeräumt. Die Ausrüster von Wendel und Rados hatten aber schon mit der Ausrüstung der Extras begonnen: Ankerwinch, Solarpanel, Elektronik. Jetzt mussten wir die restlichen Spezialitäten mit den Fachleuten besprechen. Am Nachmittag kam der Metallbauer und erklärte uns, wie er sich die Handläufe am Steuerstand und den Cockpittischen vorgestellt hatte.
Am nächsten Tag war der Bootsbauer dran. Wir wollten das riesige Segeltrageluk im Bug mit Tablaren ausrüsten lassen. (Video 2min.) Zusätzlich diskutierten wir eine gute Lösung um schnell die Fender aus dem Luk ziehen zu können, ohne dass man sich bücken musste und Gefahr lief, hinein zu fallen. Keine leichte Aufgabe; wir sind gespannt auf das Resultat! Handlungsbedarf gab es auch noch in den Backskisten und im Achterluk: Die elektrischen Installationen mussten mit Zusatzwänden geschützt werden – wieso das nicht Standard ist, ist uns ein Rätsel – und im Achterluk ist eine gescheite Lösung zur Unterbringung der Rettungsinsel gesucht.
Bis jetzt stand die Yacht immer noch namenslos da und war damit noch nicht so richtig „unser“ Boot. Doch dann wurde der Namenszug durch die lokale Werbeagentur am Heck und am Bug angebracht; in Navi Blue, genau wie die Wasserlinie. „Das ist ja schon die Taufe“, meinte Regi. Aber das werden wir sicherlich anfangs Mai, wenn die Sarabella im Wasser ist, mit allem Drum und Dran nachholen.
Am Samstag konnten alle künftigen Hanse-Eigner an einem ganztägigen Seminar mit Werftbesuch und verschiedenen Workshops über Motorenkunde, Segeltrimm, Riggkunde, Bootspflege und Elektronik teilnehmen. Es gab viel Neues zu erfahren. So wissen wir jetzt zum Beispiel, dass eine mittlere Yacht in ungefähr 1300 Mannstunden gebaut wird und der Produktionstakt alle zehn Stunden ein Boot ausspuckt.
Interessant ist der Aspekt, dass Hanse alle Einbauten von der Pantry bis zur WC-/Duscheinheit so weit wie möglich ausserhalb der Produktionsstrasse vorfertigt. Im entsprechnenden Fertigungstakt werden die Teile dann per Kran komplett in den Rumpf gesetzt.
Für Technik-Fans: Einen solch komplexen (analogen) Kabelbaum wird es in ein bis zwei Jahren nicht mehr geben. Die Digitaliseriung macht auch vor dem Yachtbau nicht Halt: Das digitale BUS-System (z.B. von B&G/Navico) mit einem Zentralrechner und einer einzigen Datenleitung für das Netzwerk durch das Schiff wird die Verkabelung massiv vereinfachen.
Und dem nicht genug: Ein aufgesetztes Monitoring-System (z.B. Sentinel) mit Cloudlösung wird es in baldiger Zukunft erlauben, jegliche Geräte fernzusteuern oder Daten (z.B. Schiffsbewegungen, Verbrauchsangaben wie auch Alarme) zu überwachen und zwar bequem über eine App vom Sofa aus. Ob man diese Entwicklung gut findet, ist eine andere Frage.
Auch im Salon konnten wir endlich aufräumen; alle Segel waren draussen und die unzähligen Kartonschachteln mit unseren persönlichen Sachen, die wir per Container von Griechenland hatten nachsenden lassen, waren nach 2 Tagen ausgeräumt. Unser berühmtes Bild von Edward Hopper, das wir schon auf der Hanse 470 aufgehängt hatten, machte sich gut und Regi hatte mit ihren Kissen wieder guten Geschmack bewiesen. Einzig der Tresen an der Salonbank, der für das Geschirr vorgesehen ist, fehlte noch.
Nach einer Woche mit einrichten, schrauben und besprechen, flogen wir wieder nach Hause und müssen uns nun einmal mehr in Geduld üben: Erst ende April wird die Sarabella gewassert und aufgeriggt. Dann folgt die eigentliche Übergabe, Testsegeln und natürlich die Schiffstaufe. Am 16. Mai 2020* geht’s dann definitiv los; Ostsee, Nordsee, Kanal, Bretagne und Atlantikküste bis nach Lagos (Portugal), wo wir die Sarabella überwintern werden.
* Wegen den Coronaeinschränkungen waren unsere Pläne schnell mal Makulatur! Es folgte eine Saison Ostseesegeln. >weiterlesen