Von Gibraltar bis Ibiza

14. – 24. Mai 2022 (PDF-Version)

Zehn Tage, die es in sich hatten! Wir hatten nach den Strapazen bis Gibraltar mit angenehmen Segeltagen gerechnet. Daraus wurde leider nichts. Der Nordostwind bescherte uns viel Aufkreuzen gegen den Wind und viel Motorunterstützung. Dafür konnten wir die Hafentage in Cartagena geniessen.


Bevor wir wieder den Weg nach Osten unter den Kiel nahmen, genossen wir den Ausflugstag in Gibraltar. Nicht nur die obligate Touristentour zum Affenfelsen und den weiteren Attraktionen war eindrucksvoll, sondern auch die spezielle Stimmung in dieser seltsamen Kronkolonie des ehemaligen britischen Kolonialreiches erstaunte uns. Nur schon der Übergang vom der spanischen Marina Alcadeisa zum englischen Grenzposten mit dem faszinierenden Gang über die Flugpiste, die als eine der gefährlichsten und kürzesten (nur 1.8 km) gilt, war kurios. Und dann diese eigene Mischung von englischem Kleinstadtflair und spanischer Ausgelassenheit liess uns sprachlos.

Die Berberaffen wurden nicht von Engländern importiert, sondern von den früheren Erobern aus Afrika.
Die St. Michaels Caves mit ihrer Lichtshow sind eindrucksvoll.

Am Sonntag 15. Mai ging es dann um den Europafelsen Richtung Osten. Das heutige Ziel war Malaga, immerhin schon mal sechzig Meilen unserem Ziel Ibiza entgegen. Und schon wartete die erste Überraschung auf uns: Wir waren zu gross für diese Marina und somit war der Besuch der Stadt schon mal gestrichen. Es sollte sich eher zu unserem Vorteil verkehren, da wir wegen den widrigen Windverhältnissen unsere vier geplanten Reservetage ganz anders als geplant, aufbrauchen werden. So drängten wir uns am Sonnabend in der völlig überfüllten Marina von Benalmàdena in den letzten freien Platz und belegten zum ersten Mal wieder mit Mooringleinen am Bug. Ein abendlicher Gang durch diese verwinkelte Marina mit Hunderten von fast ausschliesslich spanischen Touristen, stiess uns eher ab. Wir waren nach den Seetagen einfach nicht mehr an den Trubel gewohnt!

Die dorfähnliche Marina von Benalmàdena – sehr touristisch!

Die beste spanische Fischplatte

Der zweite Segeltag bis nach Motril erhöhte noch einmal unser Konto zugunsten der Segelmeilen – es sollte das letzte Mal bis Ibiza sein. Mit 28 zu 24 schafften wir die gesamthaft 52 Meilen bis um sechs Uhr abends. Aber eigentlich war das keine echte Marina, sondern eine Werft mit Steg. Dementsprechend wurde hier gehämmert, geschliffen und gesägt, dass wir uns unüblich früh für spanische Verhältnisse – hier isst man erst gegen neun Uhr abends – auf den Weg in den Hafenort aufmachten. Aber welche Enttäuschung: Alles war noch geschlossen, der Strand mit Baggern übersäht, die erst noch den Sand verteilen und herrichten mussten. Schlussendlich landeten wir verzweifelt in einer Strassenbeiz, wo wir aber eine überraschend gute Fischplatte (Plancha) erhielten. Der Clou kam danach: Da diese Marina innerhalb des Berufshafen – übrigens der grösste Verladeplatz für Früchte wie Avocado, Mango, Tomaten und Erdbeeren – liegt und um halb zehn geschlossen war, mussten wir einen stündigen Verdauungsgang rund herum machen, bis uns endlich der Nachtwächter am Ende das Tor öffnete!

Heute standen glücklicherweise nur rund dreissig Meilen auf dem Programm, denn es herrschte Flaute wie auf dem Hallwilersee, so dass wir schon am frühen Nachmittag in der Marina Adra anlegten. War es ein Geheimtipp? Sie wurde nicht mal im Hafenführer erwähnt. Ein deutscher Segler, der uns über Funk versicherte, dass wir hier problemlos einen Platz finden würden, hatte recht – und wie! Er und wir waren die einzigen Anleger. Der Grund war klar: Die Marina stank erbärmlich nach Mövendreck und alle Stege waren vollgekackt. Dafür war der Liegeplatz wieder erstaunlich günstig: 26 Euros. Das letzte Mal, dass wir so kostengünstig wegkamen; Ibiza kennt da andere Preise! Wenigstens war das Essen in einem der wenigen offenen Restaurants ausgezeichnet. Einmal mehr waren wir die einzigen Gäste.

Flaute wie auf dem Hallwilersee auf dem Weg nach Motril mit den riesigen Plastikfeldern für die Früchtebeplanzung.
Die Idylle täuscht – alles voll mit stinkendem Mövendreck

Es war deshalb nicht erstaunlich, dass wir schon um fünf Uhr morgens, vor dem Sonnenaufgang, diesen Ort fluchtartig verliessen. Es hatte aber noch einen anderen Grund. Aguilas, unser nächstes Ziel lag hundert Meilen entfernt. Wenn wir es noch bei Tageslicht erreichen wollten, mussten wir mit 16 Stunden Segelzeit rechnen. Wir schafften es, aber nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Der Wind war nur bis zum Capo da Gato (dem Katzenkap) zu unseren Gunsten. Es war nun Mittag und wir hatten noch rund fünfzig Meilen vor uns. „Das wird nie reichen mit Aufkreuzen“ und auch das Navigationssystem sagte eine Ankunft für den nächsten Morgen (!) voraus. Folglich gab es nichts anderes trotz annehmbaren Wind mit dem Motor gegenan zu fahren. Wir suchten den Wellenschutz der Küste, Regi schaffte es trotz der Schaukelei noch vor unserer Ankunft ein leckeres Reiscurry hinzuzaubern. Verpflegt und glücklich empfing uns um neun Uhr der Marinero und war sogar noch so nett, uns an der Tankstelle Diesel nach zu füllen – ein Entscheid, der uns noch einigen Kummer bereiten wird.

In den Sonnenaufgang segeln
Am Katzenkap (Cap da Gato) blies es noch zu unseren Gunsten

Da war doch der Spurt nach Cartagena am Freitag geradezu bescheiden. Doch am Anfang gab es einen Schreckmoment: Kaum waren wir aus der Marina von Aguilas raus, ertönte der Alarm „Wasser im Diesel“ und der Motor stoppte automatisch. Edi und mich mussten zuerst das Bedienungshandbuch des Yanmar studieren, während Regi unter Fock schaute, dass wir in freiem Wasser blieben. Ohne funktionierendem Motor konnten wir gleich in die Marina zurück kehren, vor allem weil heute wieder ein Starkwindtag angesagt war. Danach war diese Sache relativ schnell erledigt. Wir mussten lediglich die Schraube für den Wasserabscheider öffnen und es tröpfelte ein kleines Gemisch von Diesel und Wasser heraus. Der Marinero, der auf unseren Anruf vorsichtshalber raus gekommen war, konnte unverrichteter Dinge wieder wegfahren.

Danach lief der Motor noch vier Stunden trotz Wellengang anstandslos bis Cartagena, wo wir problemlos anlegten. Ein deutscher Yanmar Spezialist, den ich um Ratschlag fragte, meinte, dass dies nicht zwangsläufig mit verwässertem Diesel (Aguilas!?) zu tun haben musste. Weil der Abscheider so klein und der Sensor so empfindlich sei, könne der Alarm auch durch Kondenswasser ausgelöst worden sein.

Die Aussicht auf den Yahtport Cartagena (Hier legen wöchentlich Kreuzfahrtschiffe an)
Das Ratshaus von Cartagena
Das römische Amphitheater
Im schönen Unterwasser-Museum
So wurden früher die Waren transportiert. (Man beachte den kleinen Kielbalast (!)

Wir machten aus der Not eine Tugend: Da der Yanmar Techniker von Cartagena am Wochenende nicht arbeitet – was bei den Spaniern ziemlich strikt ist – genossen wir am Samstag den „Museumstag“ und streiften auch am Sonntag nochmals durch diese sehr schöne Hafenstadt, die reich an vorchristlicher und römischer Kultur ist. Das Amphitheater beispielsweise wurde erst 1980 unter Häusern entdeckt.

Am Montag stellte sich aber heraus, dass der Mechaniker unabkömmlich sei, womit wir schnell einen Entscheid fällten: Wir segeln in einem Nachtschlag durch bis Ibiza und holen die zwei verlorenen Tage wieder auf. Es sollte eine gute Entscheidung sein. Der Wind liess uns rund die Hälfte der Strecke von 150 Seemeilen unter Segel zurücklegen und am nächsten Morgen hatten wir Ibiza erreicht. Hier erwartete uns aber eine Überraschung: Alle Marinas waren vollkommen ausgebucht und das sind potenziell rund 2000 Plätze! Hinzu kam, dass auf Mittwoch ein Sturmtief mit 45 Knoten angesagt war, das wir, wenn irgend möglich nicht vor Anker verbringen wollten! Also hängten Edi und ich uns nochmals ans Telephon, bis wir schluessendlich einen Notplatz an der Tankstelle der Marina Santa Eulalia bekamen. Wir waren glücklich, denn des Nachts bliess es wirklich aus allen Rohren! Am nächsten Morgen konnten wir dann mit unserem (unwiderstehlichen) Charme die Sekretärin überzeugen, dass wir unbedingt einen Platz haben müssten um den Yanmar Techniker zu empfangen und Sarah und Chregu am Donnerstag an Bord nehmen zu können.

Törnstrecke: Gibraltar – Benalmadena – Motril – Adra – Aguilas – Cartagena – Ibiza. Total 385 sm

Kommentare sind geschlossen.