Jungfernfahrt

Eine ganze Woche Geduld brauchte es, bis die Sarabella für die Jungfernfahrt bereit war. Unglaublich, was alles an Zusatzausrüstung montiert und verräumt werden muss. Doch am 15. Juni war es soweit – ein denkwürdiger Tag!

„Der Schlüssel ist im Schwalbennest“, war die lakonische Antwort unseres Verkäufers, als wir vor der offiziellen Übergabe schon am Sonntag an Bord gehen wollten. Ziemlich geschafft kamen wir nach 1200 km Fahrt in Greifswald an. Das Auto war voll Material, das unbedingt noch an Bord musste.

Und dann wurde geschraubt, montiert und sortiert. Eine Yacht hat tausend Kästen und Stauräume, die alle zweckbringend genutzt werden wollen – eine logistische Herausforderung. Nach ein paar Tagen sah es im Salon schon ganz heimelig aus. Regi hatte ihre Küche schon sehr gut eingerichtet und wir konnten anstossen und und unser erstes Nachtessen an Bord begiessen. Die Stimmung war euphorisch – wie man sich gut vorstellen kann – und der Wein aus dem Aldi (!) gar nicht so schlecht.

Doch technisch war noch vieles im Argen. Das Computer-Tablett für den Naviplatz fand die WLAN-Verbindung zum B&G Plotter an Deck nicht, das AIS funktionierte überhaupt nicht und das Internet mit der vermeintlich leistungstarken Antenne auf der Saling zickte so arg, dass der Techniker zweimal vorbeikommen musste um es zum Laufen zu bringen. Zwischen durch mussten wir einfach mal von Bord gehen um die Leute arbeiten zu lassen. Greifswald als Hansestadt mit rund 10’000 Studenten lebt jetzt wieder auf und die Leute sassen in den Cafös und auf den Plätzen.

Am Sonntag wäre eigentlich die Jungfernfahrt geplant gewesen. Doch es bliess aus allen Rohren und nur schon das Ablegen mit dem kräftigen Seitenwind wäre bei diesen Plätzen mit Pfosten unmöglich gewesen.

Doch am Montag war es dann soweit: Nach einer kurzen Fahrt den Fluss Riek hinunter und nach dem Passieren der Zugbrücke vom historischen Ort Wieck, stachen wir das erste Mal in die Ostsee und setzten die Segel. Unser Verkäufer, Christoph Zachäus von der Hanse Vertriebs GmbH, erklärte uns alle segeltechnischen Einzelheiten.

So hätte es ungefähr ausgesehen, wenn uns jemand fotographiert hätte ….

Was für ein Gefühl, das erste Mal mit 12-15 kn Wind (3-4 Bf) die Yacht am Wind laufen zu lassen. Sie sprang gleich an, legte sich aufs Ohr und schaffte mit 43 Grad am Wind sofort 6.7 kn Speed.

Natürlich hatte niemand Zeit, Bilder zu machen; dazu waren wir viel zu aufgeregt und vollauf mit der Schiffsbeherrschung, dem Ablesen des Plotters und der Einhaltung des Fahrwassers (Mittlere Wassertiefe: 2.9 – 5m!) beschäftigt.

Nach zwei Stunden Probefahrt mit Wenden, Reffen, Reacher ein- und ausrollen (elektrisch!) und zwischendurch noch fliegend ein Sandwich verdrückend, war die ganze Aufregung vorbei und wir waren erschöpft von all den Eindrücken. Um 15 Uhr mussten wir wieder an der Brücke von Wieck sein um den Kanal zur Marina hochfahren zu können.
Das Anlegemanöver ging dann prompt in die Hose, da wir römisch-katholisch (mit dem Heck voran) anlegen wollten um endlich vernünftig über unsere neue Gangway statt über den Bug kletterend an Land zu kommen. Wir standen nämlich mit dem Ruder auf, mussten nochmals aus der Box fahren, alle Leinen schnell wieder umhängen (Regi voll im Stress!) und gegen Seitenwind nochmals Anlauf nehmen. Ohne unser starkes Bugstrahlruder wären wir mit dem 15 Tonnen schweren Schiff verloren gewesen, da der Verkäufer nämlich schon für den nächsten Termin von Bord gesprungen war und meinte, dass wir das sicherlich alleine schaffen würden. Na ja, irgendwie hat es ohne Kratzer geklappt, aber fürs Hafenkino hätten wir eine gute Vorstellung abgegeben – zum Glück war kaum jemand anwesend.


Kommentare sind geschlossen.